Stimmen des Holocaust
Much, 16. Februar 2023 - In einer bewegenden Veranstaltung an der Gesamtschule Much erhielten Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse sowie der Oberstufe die einzigartige Gelegenheit, die Stimmen des Holocaust direkt zu hören. Die Gäste des Tages waren der junge Schriftsteller Louis Pawellek, der die Veranstaltung mit einer einführenden Rede eröffnete, und der Holocaust-Überlebende Dr. Thomas Gabelin, dessen persönliche Geschichte die Herzen der Anwesenden tief berührte.
Die Begrüßung erfolgte durch die Schulleiterin Andrea Friedrich, die die Schülerinnen und Schüler herzlich willkommen hieß. Die Organisation lag in den kompetenten Händen von Herrn Karl Pollok, der es ermöglichte, dass die Schülerinnen und Schüler hautnah und authentisch mit den Stimmen des Holocaust in Kontakt treten konnten.
Dr. Gabelin, am 21. Dezember 1944 im Ghetto Theresienstadt geboren, entführte die Zuhörer auf eine emotionale Reise durch seine Familie und sein eigenes Überleben während der schrecklichen Zeit des Holocaust. Seine Eltern, Lore und Werner Gabelin, waren im Oktober 1944 ins Ghetto deportiert worden, wo die junge Familie den unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt war.
Die Eltern von Thomas, beide aus jüdisch-katholischen Familien stammend, waren durch die antisemitische Politik der Nationalsozialisten stark betroffen. Die Nürnberger Rassegesetze und die Kategorisierung als "Mischlinge 1. Grades" führten zu einer gefährlichen Situation. Die Verhaftung der Familie durch die Nazi-Behörden erfolgte im September 1944, und sie wurden zu einem Sammelplatz in Düsseldorf gebracht, bevor sie nach Theresienstadt deportiert wurden.
Ein tragischer Moment war die Schwangerschaft von Lores während der Deportation, aber durch ein Wunder überlebte der junge Thomas die unmenschlichen Lebensbedingungen in Theresienstadt. Gemeinsam mit seinen Eltern überlebte er bis zur Befreiung durch russische Truppen im Mai 1945.
Die Familie kehrte nach Krefeld zurück, wo sie auf andere überlebende Familienmitglieder traf. Trotz des Versuchs, in die USA auszuwandern, scheiterte dies aufgrund der KPD-Mitgliedschaft von Werner Gabelin. Die Familie blieb in Krefeld, wo Dr. Thomas Gabelin heute als promovierter Psychologe lebt.
Die Geschichte von Dr. Gabelin ist jedoch nur eine Facette des Schreckens, den der Holocaust über seine Familie brachte. 65 weitere Verwandte überlebten die Shoah nicht, sie wurden in den Gaskammern, Konzentrationslagern und Ghettos der Nationalsozialisten ermordet, und einige Schicksale sind bis heute ungeklärt.
Im Anschluss an die bewegenden Berichte von Louis Pawellek und Dr. Thomas Gabelin hatten die interessierten Schüler die Möglichkeit, Originaldokumente zu betrachten, darunter auch einen Original-Judenstern. Diese eindrücklichen Artefakte vermittelten den Schülern einen direkten Einblick in die historischen Ereignisse und dienten als Zeugnisse einer dunklen Ära.
Die Schülerinnen und Schüler wurden ermutigt, Fragen zu stellen und so ihre Neugier zu stillen. Dieser interaktive Teil der Veranstaltung trug dazu bei, dass die Geschichte nicht nur als abstraktes Konzept, sondern als reale Erfahrung erlebt wurde. Die Möglichkeit, mit Zeitzeugen und Originaldokumenten in Berührung zu kommen, vertiefte das Verständnis für die Tragödie des Holocaust und unterstrich die Wichtigkeit, die Erinnerung an diese Ereignisse lebendig zu halten.
Die Gesamtschule Much setzte mit dieser Veranstaltung nicht nur ein wichtiges Bildungszeichen gegen das Vergessen, sondern förderte auch den Respekt und die Empathie der Schülerinnen und Schüler für die Geschichten und Erfahrungen derjenigen, die den Holocaust überlebten. Solche Initiativen sind entscheidend, um die Erinnerung an die Vergangenheit zu bewahren und einen Beitrag zur Prävention von Intoleranz und Diskriminierung zu leisten.
(Bericht: Tatjana Wurm; Fotos: Stefan Tiedtke)
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